Brandschutz

Stahlspundbohlen sind eine vielseitige und kostengünstige Lösung für den Einsatz als permanente Stützwände in Tiefgaragen, Tunneln und anderen unterirdischen Bauwerken. Zu ihren Hauptfunktionen gehören die Rückhaltung von Böden und Wasser während der temporären Aushubphase und der permanenten Phase sowie die Bildung von permanenten Außenwänden, die auch hohe Vertikallasten von Böden oder Überbauten auf den Boden übertragen können.

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Vorteile des Einsatzes von Stahlspundbohlen

 

  • Verkürzte Bauzeit: Als dauerhafte Bauwerke sind keine zusätzlichen temporären Stützwände erforderlich, was zu kürzeren Bauzeiten führt.
  • Optimierte Raumnutzung: Aufgrund ihrer geringen Höhe maximieren Stahlspundwände den nutzbaren Raum, insbesondere in städtischen Gebieten, in denen der Platz knapp ist.
  • Kosteneinsparungen: Durch einen vereinfachten Bauablauf werden sowohl die Baukosten als auch die Bauzeit reduziert.
  • Umweltvorteile: Sie werden nach ihrer vorgesehenen Nutzung zurückgewonnen, können mehrfach wiederverwendet werden und sind zu 100 % unendlich oft recycelbar, was zur Nachhaltigkeit von Bauprojekten beiträgt.

Tiefgaragen | Feuerbeständigkeit

Diese Broschüre gibt Hilfestellung bei der brandschutztechnischen Bemessung von Stahlspundbohlen, die als permanente Stützwände in Tiefgaragen oder im Straßenbau (Tunnel, Unterführungen, ...) eingesetzt werden.

Brandschutz und Feuerbeständigkeit 

 

Stahlspundbohlen, verwendet für dauerhafte unterirdische Bauwerke, werden oft nicht in Betracht gezogen, weil im Falle eines Brandes umstritten wird, ob die Stahlspundbohlen den hohen Temperaturen standhalten können. ArcelorMittal führte umfangreiche Brandprüfungen und numerische Simulationen durch, um zu zeigen, dass Stahlspundwände mit der richtigen Bemessung und zusätzlichen Schutzmaßnahmen im Bedarfsfall eine erhebliche Feuerbeständigkeit erreichen können.

Brandschutzstrategien 

Feuerbeständigkeit für Stahlspundbohlen kann durch eine Kombination von aktiven und passiven Schutzmaßnahmen erreicht werden

  1. Aktive Maßnahmen: umfassen Systeme wie Feuer- und Rauchmelder mit einer automatischen Sprinkleranlage, die die Ausbreitung eines Feuers schnell erkennen und begrenzen.
  2. Passive Maßnahmen: zielen darauf ab, einen übermäßigen Temperaturanstieg in tragenden Strukturen zu verhindern. Dies kann erreicht werden durch:
    • Schutzanstriche: Auftragen von intumeszierenden Farben oder Spritzmitteln, die sich bei Wärme ausdehnen und eine Isolierschicht bilden.
    • Dämmplatten: Anbringen von Platten zur Wärmedämmung.
    • Mauerwerk: Mauerwerk oder Stein vor der Stahlspundwand anbringen, um als thermische Barriere zu wirken.
    • Betonfüllung: die Spundwandtäler mit Beton ausfüllen, um den Wärmeübergangswiderstand zu erhöhen.
    • Vollständige Betonierung: die Spundbohle vollständig mit Beton bedecken, um den Brandschutz zu erhöhen.
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Überlegungen zur Bemessung für Brandlasten 

 

Bei der Planung von unterirdischen Bauwerken mit Stahlspundbohlen sind die Auswirkungen von Brandlasten unbedingt zu berücksichtigen. Zu den wichtigsten Faktoren gehören

  • Eigenschaften der brennbaren Materialien: Die Art und die Menge der brennbaren Materialien haben einen direkten Einfluss auf die Intensität des Brandes.
  • Wärmeabgaberate (RHR): Die RHR des Brandes beeinflusst die Gastemperaturen. Die Geschwindigkeit, mit der brennbare Materialien brennen, kann die bauliche Sicherheit erheblich beeinträchtigen. Ein langsamer, schwelender Brand kann zu anderen Temperaturverteilungen führen als ein sich schnell entwickelndes Feuer.
  • Belüftungsverhältnisse: Die Belüftung wirkt sich auf die Brandentwicklung aus, wobei sich in gut belüfteten Bereichen das Feuer schneller ausbreitet und möglicherweise höhere Temperaturen erreicht.
  • Brandlastdichte: Die Summe aller brennbaren Materialien in einem bestimmten Bereich definiert die Brandlastdichte (gemessen in MJ/m²). Eine hohe Brandlastdichte wirkt sich direkt auf die Schwere des Brandes und die im Brandraum erreichten Temperaturen aus.

Prüfung und Simulation des Brandverhaltens 

 

Die Brandschutzeigenschaften von Stahlspundbohlen wurden in einem Labor der Universität Lüttich, Belgien, eingehend geprüft. Bei diesen Prüfungen wurden verschiedene Bodentypen mit unterschiedlichen Wassergehalten verwendet, um die Wärmeleitfähigkeit und die Einwirkung des Bodens auf das Verhalten der Stahlspundbohlen bei hohen Temperaturen zu bewerten. Zu den Hauptergebnissen dieser Studien gehören:

Wärmeleitfähigkeit der Böden

Fire resistance. Thermal conductivityBöden mit unterschiedlichen Eigenschaften und Bodenfeuchten haben eine unterschiedliche Wärmeleitfähigkeit. Umfangreiche FE-Simulationen (Rückrechnung von Prüfungen) ermöglichten die Kalibrierung der thermischen Eigenschaften zweier typischer Böden mit unterschiedlichen Sättigungsgraden.

Brandprüfungen mit Böden

Fire resistance. Comparison of measured steel temperatures_Slider

Prüfungen mit verschiedenen Bodentypen (Ton, Sand) bei unterschiedlichen Feuchtigkeitsgraden haben gezeigt, dass gesättigte Böden die Erwärmung des Stahls verringern und damit die Feuerbeständigkeit erhöhen.

Aufbau der Brandprüfungen

Die Prüfungen wurden in einem speziell konstruierten Prüfofen mit Stahlspundbohlen durchgeführt, die verschiedene Böden zurückhalten. Die Temperaturen der Spundbohlen und des Bodens wurden an verschiedenen Stellen sowohl in der Aufheiz- als auch in der Abkühlphase der Brandsimulation überwacht. 

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Umverteilung von Momenten in einer Stahlspundwandkonstruktion

 

Bei Stahlspundwandkonstruktionen kann das Biegemoment beim Erreichen einer lokalen Plastifizierung umverteilt werden (gilt nur für mehrstrebige Konstruktionen), wodurch sich der Widerstand gegen die Lasten trotz der Verringerung des Querschnittswiderstands aufgrund des Anstiegs der Stahltemperatur erhöht. 

Diese Umverteilung der Momente ist bei Brandereignissen nützlich, da die steigenden Temperaturen den Widerstand des Stahls verringern. Dennoch kann die Gesamtstandsicherheit des Bauwerks aufrechterhalten werden, so dass es unter dem kombinierten Erd- und Wasserdruck einen sicheren Endzustand erreichen kann.

Reale Brandentwicklung

 

Bei einem natürlichen Brand können drei verschiedene Phasen unterschieden werden 

  • Entstehungsphase: brennbare Stoffe beginnen zu brennen, wobei die Temperaturschwankungen im Brandraum allmählich zunehmen und das Feuer sich allmählich ausbreitet.
  • Flashover-Phase: die Temperaturen steigen auf 300-500 °C, was zu einer plötzlichen Entzündung führt („Flashover”), und der Brand entwickelt sich mit einem raschen Temperaturanstieg, wobei der Spitzenwert oft 1.000 °C übersteigt.
  • Abklingphase: brennbare Stoffe nehmen ab, wodurch die Gastemperatur im Inneren des Brandraums sinkt.

Bei einem realen Brand in einer Tiefgarage wird davon ausgegangen, dass sich das Feuer mit einer Verzögerung von einigen Minuten vom ersten Fahrzeug auf einige benachbarte Fahrzeuge (typischerweise 4 oder 6) ausbreitet. Ein solches Verhalten ist völlig anders als bei einem typischen ISO-Brand, bei dem die Gastemperatur unbegrenzt ansteigt. 

Berechnung des Verhaltens der Konstruktion bei Brandereignissen 

 

Die Ingenieure von ArcelorMittal können bei der Überprüfung der Feuerbeständigkeit jeder Stahlspundwandkonstruktion im Brandfall behilflich sein. Sie verwenden fortschrittliche Software wie SARI (entwickelt von der Universität Lüttich, Belgien), um Brandbedingungen zu simulieren und die bauliche Sicherheit zu bewerten. Die Software ermöglicht detaillierte thermische sowie strukturelle Analysen und berücksichtigt dabei

  • Thermische Eigenschaften von Stahl: Die Festigkeit von Stahl nimmt bei hohen Temperaturen erheblich ab. Die mechanischen Eigenschaften können bei 800 °C auf etwa 10 % der Nennwerte sinken. Die strukturelle Analyse muss daher diese Veränderungen berücksichtigen, um eine angemessene Sicherheit unter Brandbedingungen zu gewährleisten.
  • Plastische Umverteilung der Biegemomente: Die Fähigkeit des Stahls, Spannungen umzuverteilen, trägt zur Aufrechterhaltung der Standsicherheit bei, selbst wenn es zu einer lokalen Plastifizierung kommt, was insbesondere bei Brandereignissen von Nutzen ist.
  • Bodeneigenschaften: Einfluss auf die Berechnungen haben die Wärmeleitfähigkeit des Bodens und des Wassers (wirkt als Senke, Kühleffekt).
  • Passiver Schutz des Stahls: Als Option können Betonummantelungen oder andere Maßnahmen in der Software berücksichtigt werden.
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Standardisierte Brandkurven

 

Die Feuerbeständigkeit wird in der Regel anhand standardisierter Temperatur-Zeit-Kurven wie ISO-834 und ASTM-E119 bewertet. Die traditionelle Definition der Feuerbeständigkeit ist die in Minuten ausgedrückte Zeit,
in der ein Bauteil in der Lage ist, die Bemessungslast zu tragen, wenn es einem Standardfeuer ausgesetzt ist, bevor eine bestimmte Versagensbedingung erreicht wird (z. B. R30-, R60-Klassifizierungen). 

Diese Kurven geben jedoch das natürliche Brandverhalten nicht genau wieder. Jüngste Fortschritte in der Brandschutztechnik konzentrieren sich auf das Verhalten von Bauwerken in realistischeren Echtbrand-Szenarien und dieser Ansatz wird von den Aufsichtsbehörden weltweit immer mehr akzeptiert.

Bodeneigenschaften und Brandkurve

 

Die thermischen Eigenschaften des Bodens und seine Fähigkeit, Wärme zu absorbieren, verringern und verzögern die Erwärmung von Stahlspundbohlen erheblich. 

Die Bodenart und der Wassergehalt spielen eine entscheidende Rolle. 

Die Prüfungen haben gezeigt, dass bei allen Naturbrandprüfungen die maximale Temperatur in der Stahlspundbohle niedriger ist als im Falle eines ISO-Brandes.

Mercedes-Benz Parkhaus, Gent, Belgien: Für eine dauerhafte Bauwerkslösung wurden Stahlspundbohlen verwendet. Die Feuerbeständigkeit wurde durch passive Schutzmaßnahmen erhöht. 

Parkhaus in Den Haag, Niederlande: Dieses unterirdische Parkhaus zeigt, wie anpassungsfähig Stahlspundbohlen sind, wenn es darum geht, Feuerbeständigkeit zu bieten und große Lasten zu tragen.

Technische Unterstützung 

 

ArcelorMittal bietet technische Unterstützung bei der Überprüfung der Feuerbeständigkeit von Stahlspundwandkonstruktionen unter Berücksichtigung von Faktoren wie Bodenbeschaffenheit, Lastbedingungen und Brandszenarien (sowohl standardisiert als auch natürlich).

Mit ihrer Fähigkeit, sowohl als permanente Stützwände als auch als tragende Strukturelemente zu fungieren, sind Stahlspundbohlen eine praktische und kosteneffiziente Wahl für unterirdische Konstruktionen, die widerstandsfähig gegen feuerbedingte Risiken sind.