Vorteile von Stahllösungen im Brückenbau

Moderne Brückenbauprojekte stehen heute vor neuen Herausforderungen. Die Öffentlichkeit, Politik und Baubehörden fordern Bauwerke, die in der Planung und Ausführung, in der Nutzungsphase sowie beim Rückbau kostengünstig sind. Somit bekommen die Lebenszykluskosten aber auch die volkswirtschaftlichen Kosten, die sowohl während der Bauzeit als auch durch Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen entstehen, eine erhöhte Relevanz.

Unser Beitrag zu wegweisenden Projekten

 

Politiker, Bauaufsichtsbehörden und andere Entscheidungsträger stehen vor der Herausforderung, nachhaltige Brückenkonzepte zu wählen, bei denen der Baupreis nicht die einzige Variable ist, sondern eine von vielen, wie z. B. Bauzeit, soziale Auswirkungen (während des Baus und des Betriebs), Umwelteinflüsse, Instandhaltung usw. In der heutigen Vergabepraxis wird eher den kostengünstigsten Brückenkonstruktionen mit niedrigen Baukosten der Vorzug gegeben, wobei die Kosten für Betrieb und Instandhaltung sowie die Auswirkungen längerer Bauzeiten auf die Verkehrsbedingungen und die Öffentlichkeit außer Acht gelassen werden.

Etwa 80 % der Brücken des europäischen Straßennetzes können als kleine oder mittelgroße Bauwerke mit einer Spannweite von weniger als 50 m eingestuft werden. Bei einer sehr einfachen Analyse scheinen Stahlbeton und vorgespannter Beton die kosteneffizientesten verfügbaren Lösungen zu sein. Andererseits wird in der Bauindustrie allgemein anerkannt, dass Verbundkonstruktionen die beste Lösung sind, entweder für Spannweiten von mehr als 50 m, oder wenn Höhenbeschränkungen gelten oder wenn kürzere Bauzeiten erforderlich sind. Dass Verbundbrücken auch bei kürzeren Spannweiten ohne die vorgenannten Voraussetzungen wirtschaftlich interessante Lösungen bieten, zeigen zahlreiche Studien und Beispiele der vergangenen Jahre.

Factbook Brückenwiderlager

Brückenwiderlager aus Stahlspundbohlen bieten erhebliche Vorteile. Eine Vergleichsstudie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) aus dem Jahr 2018 unterstreicht die Vorteile von Brücken mit Stahlspundwand-Widerlagern.

Die richtige Wahl der Brückenkonstruktion

 

Bei Straßenbrücken mit zwei Feldern und durchschnittlicher Spannweite sowie konventionellen Widerlagern macht der Bau des Widerlagers etwa 40 % der gesamten Herstellungskosten der Brücke aus, wenn keine temporären Baugrubenwände erforderlich sind. Diese Zahl steigt auf etwa 55 %, wenn für den Bau temporäre Stützwände erforderlich sind. In diesen Situationen sind Widerlager mit Spundbohlen eine kluge Alternative zu herkömmlichen Konstruktionen, da die Spundbohle beide Funktionen übernehmen kann. Sie kann schließlich als Stützwand und als dauerhaftes, tragendes Bauelement dienen.

 

Stahlspundbohlen sind immer dort besonders wirtschaftlich, wo zur Erstellung des eigentlichen Bauwerks zusätzliche temporäre Baugrubenwände benötigt werden. Dies ist der Fall, wenn während der Bauphase eine Änderung des Bodenniveaus berücksichtigt werden muss, wenn unterhalb des Grundwasserspiegels gebaut wird und wenn die Baugrube vor Überflutung geschützt werden muss.

Des Weiteren kann die Verwendung von Stahlspundwand-Widerlagern anstelle von Widerlagern mit temporären Baugrubenwänden die Gesamtbauzeit um mindestens 10 % verkürzen. 

 

Auch der Bau von Verbundbrücken auf warmgewalzten, hochfesten Stahlprofilen bietet erhebliche Vorteile. Um den Platzbedarf auf der Baustelle zu verringern, können diese Verbundelemente teilweise auf der Baustelle vorgefertigt und während des Baus und in der Endphase als tragende Elemente auf die Baustelle geliefert werden. Außerdem ist es möglich, die vorgefertigten Brückenträger während einer kurzen Sperrung der überquerenden Trasse einzubauen, so dass größere Verkehrsbehinderungen für Autofahrer und Pendler vermieden werden und der Verkehr unterhalb der Brücke zirkulieren kann, während die nachfolgenden Arbeiten sicher oberhalb der Fahrbahn durchgeführt werden.

Versteckte Kosten von Verkehrsstaus

Nicht nur die direkten Bauwerkskosten, sondern auch die volkswirtschaftlichen Kosten infolge von Verzögerungen, erhöhten Kraftstoffverbräuchen sowie Luftverschmutzungen durch Staus während des Lebenszyklus von Brücken, müssen heute in Betracht gezogen werden. Staus haben massive wirtschaftliche Auswirkungen.

Nach den 2016 veröffentlichten Daten werden die durchschnittlichen Kosten pro Stunde, die ein europäischer Passagier im Stau verbringt, auf 20 € geschätzt.

Die Wahl eines Entwurfs mit kürzerer Bauzeit und geringem Instandhaltungsbedarf wird zur Priorität, wenn bei einer globalen Bewertung die Kosten der externen Effekte berücksichtigt werden. Insbesondere da Baustellen die Hauptursache für Verkehrsbehinderungen sind und deren Häufigkeit aufgrund der ansteigenden Investitionen in die europäische Infrastruktur in den kommenden Jahren zunehmen wird.

Die Studie

Benefits of steel solutions in bridge design. Standard bridge crossing over a 3-lane motorway (deck width: 11,50 m)

In einer Studie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) wurden alle damit verbundenen Kosten und die Leistungsfähigkeit einer herkömmlichen Betonbrücke im Vergleich zu einer Brücke, deren Widerlager aus Stahlspundwandprofilen besteht, untersucht. Dieser Vergleich wird für einen zweispannigen Überbau mit Spannweiten von 22,50 m und einer Überbaubreite von 11,50 m durchgeführt, der für eine Standardüberquerung einer Nationalstraße über eine dreispurige Autobahn mit einem durchschnittlichen täglichen Verkehrsaufkommen (ADT) von 70 000 Fahrzeugen ausgelegt ist.

Option 1: Stahlspundwand-Widerlager (SSP-Widerlager)

• 16 m lange Pfähle an der Hauptwand.
• 13 m lange Pfähle auf den Flügelwänden.

Option 2: Stahlbeton-Widerlager (RC-Widerlager)

• 4 Pfähle pro Widerlager plus 2 pro Flügelwand.
• 10 m lange Betonpfähle mit einem Durchmesser von 90 cm.

Die Wahl einer Brücke mit Stahlspundwand-Widerlagern und einer Verbundfahrbahn aus Stahlprofilen führt zu globalen Kostenvorteilen wie z. B.: 

  • Ein Unterschied von 8 % bei den Gesamtbaukosten.
  • Ein Restvorteil von 5 % bei den Lebenszykluskosten über einen Zeitraum von 100 Jahren.
  • Einsparungen von bis zu 27 % bei den Baukosten im Zusammenhang mit den Auswirkungen externer Faktoren während der Lebensdauer des Bauwerks.
  • Eine bestätigte Reduzierung der Gesamtbauzeit um mindestens 10 % bei Brücken mit Stahlspundwand-Widerlagern im Vergleich zu Brücken mit temporärem Verbau.
  • Die Umwelteinflüsse von Stahlspundwand-Widerlagern im Vergleich zu Stahlbeton-Widerlagern unterscheiden sich um 36 %, was zu einem Unterschied von 12 % beim Treibhauspotenzial der gesamten Brückenkonstruktion führt.

graph

Brückentechnologien der Zukunft: schnell, effizient und langfristig wirtschaftlich

 

Stahlverbundbrücken mit Stahlspundwand-Widerlagern sind robuste Bauwerke mit begrenztem Wartungs- und Reparaturaufwand. Durch den Einsatz modernster Korrosionsschutztechniken wird eine Lebensdauer von 100 Jahren erreicht, ohne dass Bauteile ausgetauscht werden müssen. 

Stahlprofile bieten den Vorteil, dass sie nach der Nutzungsdauer der Brücke einfach rückgebaut, wiederverwertet und recycelt werden können, so dass keine Rückstände im Boden verbleiben und ein wertvoller Beitrag zur Kreislaufwirtschaft geleistet wird. Dies trägt dazu bei, den Raubbau an den natürlichen Ressourcen zu verhindern.

Referenzen

 

-  Friedrich H.: Aktuelle Herausforderungen und zukünftige Entwicklungen im Brückenbau im Bundesfernstraßennetz. Stahlbau 87 (2018), Heft 6.
- Schmitt V., Seidl G., Vogel C.: Untersuchungen zum verstärkten Einsatz von Stahlverbundkonstruktionen bei Brücken kleiner und mittlerer Stützweiten. P629 Forschungsvereinigung Stahlanwendungen e.V., Abschlussbericht, 2006. 
- Grundbau-Taschenbuch. 8. Auflage, Ernst & Sohn, 2018.
- RI-WI-BRÜ - Richtlinie zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen im Rahmen von Instandsetzungs-/ Erneuerungsmaßnahmen bei Straßenbrücken, BMVBS, 2007.
- Zinke T.: Neue Brücken braucht das Land. Frankfurter Allgemeine Zeitung Verlagsspezial / Zukunft Stahl / 30. November 2017.
- Zinke T.: Nachhaltigkeit von Infrastrukturbauwerken - Ganzheitliche Bewertung von Autobahnbrücken unter besonderer Berücksichtigung externer Effekte. Karlsruhe: KIT Scientific Publishing, Dissertation 2016.